Geschichte Brandenburgs

Die Geschichte Brandenburgs lässt sich in dieser Rubrik nicht finden. Brandenburgs Geschichte lässt sich nicht auf Preußen reduzieren. Hier findet ihr Geschichten mit lokalen Bezügen über Widerstände und Widersprüche in der Entwicklung der Region. Von der Geschichte der Bauernkämpfe im 17. Jahrhundert bis zu den Biografien von Wehrmachtsdeserteuren des 2. Weltkrieges. Aus dem Vergangenen lässt sich weder ein ungebrochen positives noch ein rein negatives Geschichtsbewusstsein erzeugen.

Die Bauern der Kurmark Brandenburg und das Ende des 30 jährigen Krieges.

„Pommerland ist abgebrannt.“ Wer kennt diesen Spruch nicht, der schon seit Jahrhunderten in Berlin und Brandenburg bekannt ist. Doch woher stammt er? Welcher Großbrand führte eigentlich zum besungenen Ende des Pommernlandes? Die heutige Generation würde den Ursprung dieses Satzes vielleicht im 20. Jahrhundert sehen. Vor nicht allzu langer Zeit schickte sich der überwiegende Teil unsere Großeltern und Urgroßeltern an, mal eben Pommern und darüber hinaus ganz Europa abzubrennen. Sicherlich, auch diese einmalige Zerstörungstat wird wohl noch Jahrhunderte lang im Gedächtnis vieler Generationen bleiben. Doch vierhundert Jahre davor tobte eine ganz andere Auseinandersetzung über Mitteleuropa hinweg und sorgte dafür, dass Städte, Dörfer, Kirchenbesitz und Adelssitze belagert, geplündert und abgebrannt wurden.

Die später „Dreißigjähriger Krieg“ genannte Periode war eine Zeit aufeinanderfolgender kriegerischer Auseinandersetzung wegen angestauter ungelöster gesellschaftlicher und politischer Widersprüche. Ausgelöst wurde er mit dem lokalen Aufstand protestantischer böhmischer Stände gegen die katholische Habsburger Dynastie im Jahre 1618. Diese Revolte war sowohl eine soziale (bürgerliche Stände gegen feudale Dynastie) als auch eine Folge der unüberbrückbar gewordenen Glaubensspaltung innerhalb Europas. Inhaltlich wurden die kriegerischen Auseinandersetzungen vom Ringen um die wahre Glaubenslehre geprägt, formal wurden sie getragen vom Streben der Stände, ihre Macht und Souveränität im Reich zu mehren, das wiederum die Unterstützung ausländischer Staaten fand, weil es der Schwächung der Macht des Hauses Habsburg in Europa diente. Der habsburgische Kaiser wiederum wollte das Reich als religiöse und politische Einheit erhalten.
Soweit klar. Und nun folgte eine Serie von großen und kleinen Kriegen zwischen den Armeen der Herrscherhäuser Europas, ständischen Truppen oder Söldnerheeren, die je nach Kassenstand auf eigene oder fremde Rechnung kämpften.
Beendet wurde das ganze durch den Westfälischen Frieden von 1648. Nicht weil nun auf einmal alle vermeintlichen und wirklichen Ansprüche auf Macht, Souveränität oder Besitz klar durch das Recht des Stärkeren geregelt waren, sondern weil nach 30 Jahren Hauen und Hacken zwischen den Regierenden Frankreichs, Schwedens, des Kaisers und der Reichsstände noch andere Krisen die europäische Welt bedrohten. Es gab nicht einen Feudalstaat mehr, der nicht von inneren Unruhen und Aufständen bedroht wurde. Der englische Monarch Karl I. endete 1649 auf dem Schafott und die Bürgerlichen hatten sich erstmals in einem europäischen Staat durchgesetzt. Da wurde den Feudalherren Stabilität im Inneren und Stabilität in den außenpolitischen Beziehungen mehr als nur wichtig und so einigte man sich auf einen Frieden.

Soviel zur ganz großen Politik.
Für die Mark Brandenburg änderte sich mit dem politischen Kriegsende erst einmal nicht viel.
In den Dörfern und Städten weilten nach wie vor schwedische Einheiten. Die letzten Truppendurchmärsche dauerten zum Teil bis ins Jahr 1656 an. Zudem lastete auf der Mark Brandenburg eine „Entschädigungssumme“ für die Schweden von 100.000 Reichstalern. Eine Folge des Westfälischen Friedensschlusses. Damit musste sich nun der 1648 noch recht junge Kurfürst Friedrich Wilhelm herumschlagen, dessen Gebiete Pommern, Mark Brandenburg und des Stifts Magdeburg zu den am meisten verwüsteten gehörten.
Doch nicht nur der scheinbar bemitleidenswerte Kurfürst war durch die Folgen des Krieges herausgefordert. Der Krieg hatte einiges verändert! Am nachhaltigsten die Bevölkerungszahlen Brandenburgs.
Zahlreiche Dörfer waren verödet. 1652 ließ der Kurfürst Erkundigungen über die Bevölkerungszahlen und den Zustand der Höfe einholen. Die Menscheneinbußen in der Prignitz und Ruppin machten 60% aus. In der Mittelmark, den Kreisen Zauche und Teltow liegen sie zwischen 46 und 43%, im Barnim bei 60%.
Dabei war ein großer Teil der sich vorher ständig auf der Flucht befindlichen Bevölkerung bereits zurückgekehrt, als diese Zahlen ermittelt wurden.

Was bedeutet aber dieser durchschnittlich 50%ige Bevölkerungsrückgang?
Zahlreiche Dörfer lagen wüst, Grund und Boden waren jahrelang nicht bewirtschaftet, verunkrautet und mit Gestrüpp und Bäumen bewachsen. Die Ernterträge sind zurückgegangen, Dämme und Gräben waren verfallen, an Flussläufen waren ackerbauliche Arbeiten zum Erliegen gekommen. Insgesamt schrumpfte die landwirtschaftliche Nutzfläche. Lagen Bauerhöfe wüst gab es weniger Vieh, weniger Vieh hieß auch weniger Dünger, die Bodenfruchtbarkeit ließ nach und bedeutete wiederum geringere Erträge. Das Zugvieh war kriegsbedingt meist rekrutiert und verschleppt und die verbliebenen Bauern spannten sich selbst oder ihre Familienangehörigen vor den Pflug.
Der Rückgang der Schafzucht hatte auch zur Folge, dass verarbeitendes Gewerbe in den Städten stark zurückging.
Die Städte selbst hatten Einbußen hinzunehmen, die sie langfristig zur Bedeutungslosigkeit degradierten. Frankfurt/Oder, welche als einzige Stadt der Kurmark vor dem Krieg einen beachtlichen Außenhandel hatte, konnte diesen Status nie wieder erreichen.
Der Bevölkerungsverlust betrugt in Städten wie Angermünde, Schwedt, , Greiffenberg, Templin, Lychen, Pritzwalk, Perleberg, Lindow, Biesenthal, Fürstenwalde über ¾ der Gesamtbevölkerung. Andere Städte wie Strausberg, Müncheberg, Neuruppin, Brandenburg/ Altstadt, Rheinsberg, Frankfurt/Oder oder Treuenbritzen verloren über 50% ihrer Bevölkerung. Aber auch Cottbus, Beeskow, Bernau, Gransee, Wriezen oder Beelitz verfehlten diese Marke nur knapp.
Zu den kriegsbedingten Tötungen kamen noch die Seuchen hinzu, die einige Städte während der Kriege mehrmals heimsuchten. Mindestens dreimal überzogen sie Fürstenwalde, Wriezen, Müncheberg, Spandau, Bernau, Eberswalde, Templin, Wittstock, Mittenwalde und Rathenow.
All diese Aufzählungen sind nicht vollständig, da es für einige Städte keine aussagefähigen Quellen gibt.

Diese desolaten Situation veranlasste nun allerdings weder den Kurfürsten noch die Stände dazu, gemeinsam mit den Bauern und Handwerkern nach Wegen des Aufbaus zu suchen. Stattdessen wurde wild gestritten, um Steuereinnahmen und Kontributionszahlungen. Der Kurfürst benötigte Geld für seine Politik der Machterweiterung und inneren Stabilisierung. Immerhin unterhielt er schon 1652 ein 3000 Mann starkes Heer an der Grenze zu Pommern, um Notfalls gegen die Schweden losschlagen zu können. Die Stände, Angehörige der Ratsoligarchien, die Kurie der Ritter- bestehend aus bürgerlichen Gutsbesitzern und hohen Beamten- sowie die Landräte kämpften gegen den Kurfürsten um ihre Rechte der Steuerbewilligung und Verwaltung. Hier traten das Interesse der kurfürstlichen Staatsräson mit lokalen territorialen Interessen in einen heftigen Konflikt. Wir wissen ja nun, dass sich der Kurfürst letztendlich durchsetzte und so das absolutistische Preußen entstand.

Doch vorerst ging er auf Schmusekurs und machte mit den Gutsherren, lokalen Adligen und Ständen gemeinsame Sache- denn es gab noch eine weitere, zahlenmäßig zwar ausgedünnte aber unersetzliche Bevölkerungsgruppe, die widerspenstig gewordenen Bauern. Und ohne deren Arbeit, Abgaben und Steuerzahlungen ging nun gar nichts in der Mark Brandenburg, weder für den Kurfürsten noch all die lokalen Größen.

Die Bauern standen vor und nach dem Krieg in der sozialen Hierarchie am untersten Ende. Es gab die unterschiedlichsten Formen ihrer Ausbeutung. Die gängigste war die der Frondienste für adlige Gutsbesitzer. Diese begannen noch vor dem Krieg ihre landwirtschaftlichen Eigenwirtschaften zu vergrößern, um Getreide zu exportieren. Sie erhöhten ihre Flächen durch Nutzbarmachung von Ödland, durch Auskäufe oder durch Bauernlegen- das heißt Enteignungen derselben. Durch den erhöhten Landanteil stieg auch der Bedarf an Fronarbeit.

Um die Fronarbeit und deren Höhe entbrannten die heftigsten Kämpfe. Häufig gelang es den Feudalherren erst durch richterliche Gewalt den Bauernhöfen die Fronarbeit abzuzwingen. Bäuerliche Gemeinden führten jahrelang Prozesse, um wenigstens eine Begrenzung der Fronarbeit zu erreichen.
In der Prignitz und im Havelland waren die Erfolgsaussichten dafür oft günstig, da die Bauern dort über Besitzrechte verfügten und die Gemeinden funktionierten. Ihre Eigentumsrechte machten es schwerer sie von ihrem Land zu vertreiben. In der östlichen Kurmark handelte es sich meistens um „Lassbesitz“. Diesen konnte der Adel einziehen, ohne Entschädigungen zahlen zu müssen.
Der Wiederaufbau nach Kriegsende wurde auch zu einer erneuten Kraftprobe zwischen der Bauernschaft und dem Feudaladel.

Die Bauern versuchten die durch den Krieg entstandene Situation für sich zu nutzen. Aus der Kurmark ist überliefert, dass Bauern und Knechte sich wüstes Land aneigneten, um der Frondienste, die an ihren vormaligen Besitz gekoppelt waren, zu entgehen. Andere borgten sich Vieh aus den Städten und bearbeiteten verödetes Land und verweigerten jedwede Dienste. Viele Verfügungen und Verordnungen, die auf ausdrückliches Verlangen des Adels erlassen wurden, sind ein deutliches Zeichen für die „Unordnung“, für die Versuche von Bauern und Knechten sich Land anzueignen und die Dienstpflichten zu unterlaufen.
Die latente Unruhe bewog dann auch den Kurfürsten 1648 auf einen Waffengang gegen die Schweden zu verzichten, denn er brauche Frieden, um zu verhüten, dass „nach dem Exempel anderer Königreiche und Lande die Untertanen und der gemeine Pöbel aus Ungeduld und großer Armut die Waffen ergriffen.“ (H v. Petersdorff: Der große Kurfürst; Gotha 1926, S.33f)
Und Waffen hatten die Bauern. Der Krieg hatte sie gelehrt, dass man Widerstand leisten musste, wenn man überleben wollte. In der Prignitz und Altmark hatten sie Selbstschutzverbände gegen plündernde Soldateska gebildet. 1646 beschwerten sich die Stände darüber, aus Furcht die bewaffneten und organisierten Bauern könnten sich gegen ihre Herren wenden. Gerade die Prignitzer Bauernschaft war recht widerständig. Schon 1643 erdreistete sie sich, gegen ihren Gutherren wegen übermäßiger „Beschwerung“ (Fronforderungen) beim Kurfürsten zu klagen. 1646 erreichte dann den Kurfürsten die Mitteilung, dass die Bauern jegliche Pacht und Dienste verweigerten. Trotz diverser Versuche gelang es jahrelang nicht, diese Bauernselbstschutzorganisationen aufzulösen. Noch 1656 verbot ein Edikt bäuerliche Zusammenkünfte und befahl, Gewehre abzuliefern.
In der gesamten Kurmark beschweren sich 1652 die Stände über den „Mutwillen“ der Untertanen, die bei jeder Gelegenheit „um jede liederliche und unerhebliche Ursache willen“ Obrigkeiten vor Gericht zerrten und die, weil man im Krieg die „Rentenzahlungen“ (Abgaben) hin und wieder nachgelassen habe, nun den Gutsherren das Rechts zur Pachteintreibung streitig machen.

Doch die Herren Adligen finden im sich konsolidieren Staat des Kurfürsten einen Verbündeten. Auch dieser ist auf eine arbeitende und zahlende Bauernschaft angewiesen. Und so unterstützen Beamte und Richter die Stände dabei, ihre Interessen gegen die Bauernschaft durchzusetzen. Die aus ihren Gebieten Geflohenen werden unter Androhung von Strafen gezwungen auf ihre Wirtschaften zurückzukehren. Manchmal werden sie auch unter Zusicherungen von Erleichterungen zur Rückkehr bewogen. In der Uckermark werden „Widerspenstige“ namentlich erfasst und vor Gericht abgestraft. Überall dort wo kein bäuerlicher Widerstand organisiert ist, gelingt es den Gutsbesitzern Eigentumshöfe in „Lassbesitz“ umzuwandeln. Dieser Prozess beginnt zwar schleppend, verstärkt sich aber bis zum Ende des 17. Jahrhunderts und die Gutsbesitzer erlauben sich auch wieder sogenanntes Bauernlegen.
Letztendlich geht auch dadurch der Wiederaufbau schleppen voran. 1688 sind in der Uckermark 2941 Höfe unbesetzt und in der Prignitz noch fast ein Drittel. Noch bis zur Jahrhundertwende dauert es, bis die Bevölkerungsverluste ausgeglichen sind. In einigen Gebieten ist die Bevölkerungszahl erst Mitte des 18. Jahrhunderts wieder auf dem Vorkriegsstand.
Zäh bestellten die Knechte und Bauern das Land und das Leben normalisierte sich wieder. Die preußischen Könige führten auch wieder jede Menge Kriege und im Gedächtnis blieb haften, dass das Pommernland einst abgebrannt war.
Erinnerungswürdig ist auch, wie findig und mutig Knechte, Bauern und Gemeindeselbstverwaltungen agierten, um „Frondienste“ aller Arten zu verhindern und ihnen zu entgehen. Aus irgend einem Grund ist dieser Sachverhalt nicht Bestandteil der brandenburgisch- preußischen Geschichtsschreibung.

Gedenkstätte und Museum Seelower Höhen

Folgt man der Bundesstraße 1 aus der kleinen Stadt Seelow hinaus Richtung der deutsch- polnischen Grenze, so bekommt man kurz vor dem Ortsausgangsschild auf der rechten Seite einige sowjetische Militärfahrzeuge und Artilleriegeschütze zu sehen.

Sie sind Teil einer seit dem 7. November 1945 bestehenden Gedenkstätte, die auf sowjetischer Initiative hin errichtet wurde, um der mehr als 33.000 Soldaten der Roten Armee und den ca. 5000 Soldaten der 1. Polnischen Armee zu gedenken. Vom 16.April 1945 an begannen die beiden Armeen die letzte militärische Verteidigungslinie des faschistischen Deutschlands zu zerschlagen.

Drei Ehrenmale des sowjetischen Künstlers Lew Kerbel kennzeichnen den Weg der 1. Belorussischen Front nach Berlin, eines in der heutigen Grenzstadt Küstrin, ein weiteres in Seelow und das Dritte im Berliner Tiergarten. Das Seelower Ehrenmal ist auf einem ehemaligen Ausflugsberg errichtet und von einem sowjetischen Soldatenfriedhof umgeben. Von hier aus lassen sich noch heute Stellungsreste und das damalige Kampffeld überblicken.

Ergänzt wurde die Freiluftausstellung 1972 durch ein kleines Museum, welches bis heute existiert.
Aus Anlass des 40. Jahrestages der Befreiung vom Hitlerfaschismus wurde es 1985 erweitert, umgebaut und mit zahlreichen Objekten ergänzt.
In der DDR repräsentierten das Ehrenmal und die Gedenkstätte das antifaschistische Selbstverständnis. Sie wurden in eher propagandistischer Absicht genutzt, um Vereidigungen von Soldaten der NVA (Nationale Volksarmee), Jugendweiheveranstaltungen sowie die feierliche Aufnahme von Mitgliedern der Pionier-, FDJ- oder Parteiorganisationen zu vollziehen.

Das Museum heute versteht sich als ein Antikriegsmuseum. Die jetzige Ausstellung wurde im Jahre 2000 überarbeitet und entfernte Ausstellungsinszenierungen der DDR- Geschichtsschreibung.
Gleichzeitig wird nun den ca.12.000 deutschen Soldaten- und Volksturmgefallenen ein den sowjetischen und polnischen Gefallenen gleichwertiger Platz eingeräumt.
In der Ausstellungslogik werden neben den alliierten Soldaten, ebenso die Soldaten der Wehrmacht, der SS und des deutschen Volkssturms zu Opfern des Krieges gemacht.
Allerdings sucht man, in dem vom Landkreis Märkisch - Oderland betriebenen Museum, vergeblich eine Würdigung deutscher Deserteure. Diese wurden von Standgerichten der Wehrmacht auf Befehl der jeweiligen Regimentskommandeure zu Tode verurteilt oder von SS - Hinrichtungskommandos erschossen, weil sie sich dem sinnlosen „Endkampf“ zu entziehen versuchten.

Neben den Ausstellungsobjekten ist es auf Anfrage fast jederzeit möglich, in einem kleinen Kinosaal militärhistorische Filme über die Schlacht um die Seelower Höhen und die Berliner Operation anzuschauen. An der Museumskasse sind darüber hinaus Ausstellungsbroschüren, sowohl der DDR- Ausstellung als auch der Neubearbeitung erwerbbar.
Am Ehrenmal und den sowjetischen Soldatengräbern können zu jeder Tages- und Jahreszeit Blumen niedergelegt werden.

Geschichte des Oderbruch

Beim Oderhochwasser von 1997 stand das Oderbruch im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Wegen drohender Deichbrüche waren 20 000 Einwohner und eine intensive Landwirtschaft hochgradig gefährdet. 4 500 Bewohner und fast alle Nutztiere wurden damals vorsorglich evakuiert.
Das Bruch stellt heute den größten Flusspolder der Bundesrepublik Deutschland dar und entstand durch wasserbauliche und meliorative Arbeit vieler Jahrhunderte. Es ist 80 km lang, 4 bis 16 km breit und nimmt eine Fläche von etwa 80 000 ha ein. Die Höhe über dem Meeresspiegel der Ostsee beträgt im Süden 12 m, im Norden nur noch 2,3 m. Der Höhenabfall von Ost nach West erreicht 3 bis 4 m.
Wegen dieses Höhenabfalls floss die Oder ursprünglich am Westrand des Bruchs, in der Tiefenlinie entlang der Lebuser bzw. Barnimer Platte. Mit Deichbauten im Laufe mehrerer Jahrhunderte wurde die Oder schrittweise an den Ostrand des Bruchs verlegt. Der Mittelwasserspiegel der Oder liegt heute über dem Niveau der Niederung. Daher die Hochwassergefährdung der Region. 1947 stand das gesamte Oderbruch nach einem Deichbruch zwischen Reitwein und Küstrin-Kietz unter Wasser. Die verschiedenen Zeiträume der Entwässerung und die geringe Höhe über dem Meeresspiegel führten zu unterschiedlicher Nutzung: im Süden mehr Ackerland, im Norden dagegen überwiegend Grünland.
Die letzte große wasserbauliche Maßnahme fand zwischen 1747 und 1753 unter dem Preußenkönig Friedrich II. statt Er ließ einen Kanal von Güstebiese (heute Gozdowice) nach Hohensaaten bauen. Dort fließt heute die Stromoder. Die Alte Oder floss über Wriezen und Bad Freienwalde. Am 2. Juli 1753 um 11.00 Uhr konnte nach 6 Jahren Bauzeit der Neue Oderkanal freigegeben werden. Der 250. Wiederkehr des Ereignisses wurde mit dem im Bild dargestellten Stein auf dem Deich bei Güstebieser Loose gedacht.



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Der König gab seinerzeit für die Melioration des nördlichen Oderbruchs 600 000 Taler aus. Auf dem Land siedelte er Kolonisten aus ganz Europa an, zunächst als Anreiz von Abgaben und Diensten befreit, später natürlich Steuerzahler und Soldaten. (Nach der Bruchmelioration führte der König den Siebenjährigen Krieg: Kosten 139 Millionen Taler, 180 000 tote Soldaten und 220 000 tote Zivilsten.)
Auf den nach 1997 sanierten oder neu gebauten Deichen sind gute Radwege entstanden. Die bereits erwähnte unterschiedliche Verteilung von Ackerland und Grünland lässt sich von dort aus gut erkennen. Reichen im Süden und im Zentrum des Bruchs meist Ackerflächen an den Deich heran, so nimmt nach Norden der Grünlandanteil zu. Die dort notwendige intensive Entwässerung wird durch eine Vielzahl kleiner Schöpfwerke (Pumpstationen) realisiert.
Während der Deichfahrt kommt der Fahrradwanderer durch eine dünn besiedelte Randregion, in der sich die Einwohnerzahl dem Wert von nur 40 Personen pro Quadratkilometer nähert. Die wirtschaftliche Entwicklung stagniert oder ist rückläufig, obwohl der fruchtbare Boden eine leistungsfähige landwirtschaftliche Produktion mit sich anschließendem Verarbeitungsgewerbe möglich machen würde. Der Raum Genschmar-Bleyen, auf halber Strecke zwischen Lebus und Hohenwutzen, hielt Mitte 2003 den Arbeitslosenrekord der Bundesrepublik mit 60 Prozent.
In Kienitz-Dorf steht in Dorfmitte ein Panzer des Typs T 34. Er erinnert an den ersten Brückenkopf der Roten Armee im Frühjahr 1945.
Anfahrt: Stündlich mit der RB 26 von Berlin-Lichtenberg nach Küstrin-Kietz/Kostrzyn.

(siehe auch MOL)

Weiterführende Literatur für Ziele im Oderbruch: Carmen Winter: Das Oderbruch – Liebe auf den zweiten Blick. Ein kulturhistorischer und touristischer Reiseführer. Findling-Verlag, ISBN 3-933603-27-7, 9,50 €

Interessantes zur Agargeschichte

Albrecht Daniel Thaer (siehe auch unter MOL)



Der Landwirt und Arzt Albrecht Daniel Thaer (1752 – 1828) zählt zu den bedeutendsten Begründern der modernen Landbauwissenschaften im deutschen Sprachraum. Mit seinem Hauptwerk „Grundsätze der rationellen Landwirthschaft“ (1809 – 1812) entwickelte er das in seinen Grundzügen noch heute gültige System der Landbauwissenschaften und realisierte die Einheit zwischen den aufstrebenden Naturwissenschaften und der bis dahin fast ausschließlich empirisch betriebenen Landwirtschaftslehre. Das von ihm 1802 in Celle gegründete landwirtschaftliche Lehrinstitut und besonders die spätere Königlich Preußische Akademie des Landbaues in Möglin (eröffnet 1806) bildeten mit ihrer Wissenschaftsorganisation und ihrem Lehrprogramm das Vorbild für das Entstehen zahlreicher agrarischer Hochschuleinrichtungen im In- und Ausland.
Thaer war auch an den Preußischen Agrarreformen nach dem Oktoberedikt von 1807 beteiligt: Auflösen der starren Ständeordnung, Beseitigung der bäuerlichen Erbuntertänigkeit, Bauernbefreiung, Beginn der kapitalistischen Entwicklung in der Landwirtschaft. Mit der „Bauernbefreiung“ konnten die bisher abhängigen Bauern über 20 Millionen Hand- und annähernd 7 Millionen Spanndiensttage ablösen. Das hieß, sie waren nicht mehr verpflichtet, unentgeldlich auf den Gütern und Domänen zu arbeiten. Aber sie mussten dafür etwa 32 Millionen Taler zahlen und 400 000 ha Land abtreten. Damit wurden die Großbetriebe ökonomisch gestärkt.
Thaer kam 1804 nach Möglin und kaufte das dortige Rittergut. Heute steht das Ensemble als Gedenkstätte für Thaer unter Denkmalschutz: Hofanlage, Gutshaus, Inspektorenhaus, Gutspark mit Thaer-Büste und Thaer-Grab. Die Fördergesellschaft Albrecht Daniel Thaer e.V. betreibt im Inspektorenhaus


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eine Ausstellung über Thaer, seine Herkunft, sein Werk und seine Zeitgenossen. In der benachbarten Kirche ist die Ausstellung „200 Jahre Thaer in Möglin“ zu sehen. Die Büste im Park



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stammt aus dem Jahr 1978. Das Grab wurde 2003 aus Anlass des 175. Todestages saniert.
Das heutige Aussehen der Hofanlage und des Parks ist ein typisches Beispiel dafür, wie durch verfehlte Privatisierungspolitik der Treuhand und ihrer landwirtschaftlichen Nachfolgerin, der BVVG, die Entwicklung blockiert werden kann.
Möglin, gelegen am östlichen Rand des Barnim, ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln schlecht zu erreichen. Aber es wird durch den Fontane-Wanderweg an den regionalen Tourismus angeschlossen. Ein Teil des Wanderwegs ist die Verbindungsstraße zwischen Möglin und Reichenow. Mit den alten Kopfulmen



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lässt sich dort eine alte Bewirtschaftungsweise demonstrieren. Der Austrieb der Ulmen wurde regelmäßig beschnitten, geschneitelt. Dicke bzw. dünne Äste dienten als Bau- bzw. Brennholz. Die Blätter kamen frisch oder getrocknet (Blattheu) als Viehfutter zum Einsatz.
Öffnungszeiten der Ausstellung:
April bis September
Donnerstag bis Sonntag 11.00 bis 17.00
Oktober bis März
Donnerstag bis Sonntag 10.00 bis 16.00
Bitte die aktuellen Öffnungszeiten bestätigen lassen unter 033456-35164.
Weiterführende Informationen:
www.albrecht-daniel-thaer.org
Albrecht Daniel Thaer in Brandenburg und Berlin, Agrarhistorischer und kulturhistorischer Reiseführer. Findling-Verlag, ISBN 3-933603-28-5, 9,50 €

Nebenlager des ehemaligen KZ Sachsenhausen in Lieberose-Jamlitz

Nördlich von Lieberose, im Winkel der Straßen 168 und 320, befindet sich das 1973 eingeweihte Mahnmahl für das von 1943 bis 1945 bestehende Nebenlager.



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Am Fuße arbeitet eine kleine Museumsbaracke, geöffnet von Mai bis September Mittwochs von 16.30 bis 17.30 und Sonntags von 10.00 bis 12.00, wegen anderer Zeiten anrufen unter 033671-2511.
Das eigentliche Lager befand sich im heutigen Jamlitz, östlich von Lieberose, links an der Straße 320. Der Ort ist ausgeschildert.
Das Lager war ein Arbeitslager, nach dem Prinzip Vernichtung durch Arbeit, zum Aufbau des Truppenübungsplatzes Kurmark für die Waffen-SS. Es hatte etwa 8000 Häftlinge, überwiegend Juden, die dann von der Arbeit entkräftet in die Vernichtungslager kamen.
Auf dem gleichen Gelände befand sich zwischen 1945 und 1947 das sowjetische Speziallager Nr. 6 mit 7600 bis 10300 Häftlingen, überwiegend Funktionsträger der Nazis oder entsprechend Verdächtige. Solche Lager bestanden auf der Grundlage alliierter Vereinbarungen überall im besiegten Deutschland, wurden aber in der sowjetischen Besatzungszone mir besonderer Härte geführt.
Der Lagerstein von 1944 markiert den früheren Lagereingang unmittelbar an der Straße. Das Gelände wurde ab 1950 aufgesiedelt und ist heute teilweise bebaut. Am Ende der früheren Lagerstraße, heute Kiefernweg, entstand 2003 am Rande des Waldes unter der Trägerschaft der Evangelischen Kirchengemeinde Lieberose und des Landes Brandenburg eine Gedenkanlage, wobei zwischen KZ und Speziallager unterschieden wird. Das Foto zeigt die KZ-Abteilung.



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Die Kombination zweier Lager mit unterschiedlicher Zielstellung und die Aufsiedlung des ehemaligen Lagergeländes stimmen nachdenklich. Auch ein dokumentierter Name zeigt die wechselvolle Geschichte des Lagers: Georg Krausz – Jude aus Ungarn, Mitbegründer der Kommunistischen Partei Ungarns, als politischer Jude Häftling Nummer 3732 im KZ Buchenwald, später Häftling im Speziallager Jamlitz, dann Redakteur und stellvertretender Chefredakteur des „Neuen Deutschland“.

Umgebung:
Besuch des südlich von Lieberose gelegenen Peitz, wobei ein nicht mehr genutzter Truppenübungsplatz durchfahren wird. Peitz, damals gelegen in einer preußischen Enklave, inmitten der böhmisch-sächsischen Lausitz, war neben Spandau und Küstrin eine preußische Festung. Nach Preußens Niederlage gegen Napoleon von 1806 kam Peitz an Sachsen.
Nach der Niederlage Napoleons musste das mit ihm verbündete Sachsen 1813 viele Gebiete an Preußen abtreten, so auch Peitz und Lieberose, wo noch heute eine sächsische Postsäule zu sehen ist.
Von der Festung Peitz steht nur noch das Turmgebäude. Die zur Verteidigung geschaffenen Wasserflächen dienen heute der Karpfenproduktion.
Das in der Region anstehende Raseneisenerz wurde über 2000 Jahre bis 1856 zur Eisengewinnung genutzt. So sind 1000 germanische Renöfen nachgewiesen. Die Geschichte der Eisenproduktion kann man im Peitzer Hüttenmuseum erfahren. Der Weg ist am Ortsausgang in Richtung Cottbus links ausgeschildert. Vom Hüttenmuseum aus besteht ein guter Blick auf das Kraftwerk Jänschwalde.



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Vom Aussichtspunkt Bärenbrücker Höhe kann man sich einen Überblick über den Braunkohlenabbau verschaffen. Kontakt über www.vattenfall.de und martina.weiss@vattenfall.de, Telefon 035601-94615. Gastronomische Betreuung, Bootsverleih und Fachführungen über Karpfenklause, Hüttenwerk 1, 03185 Peitz, Telefon 035601-22353, Angler wenden sich an 035601-3440

Geschichte und Gegenwart der Sorben

VERFOLGUNG DER SORBEN IM 3. REICH

Das NS-Vorhaben einer „rassischen Beurteilung der Sorben“
1. Die Wenden sind minderwertig.
2. Die Wenden sind als deutscher Stamm Glied der deutschen Volksgemeinschaft.
Diese Behauptungen widersprechen sich zwar, dienen dann aber doch wieder nur einem Ziel, nämlich der kulturellen Selbstaufgabe der Sorben. Durch NS- Rassenkundler wurde versucht den Sorben eine biologische Minderwertigkeit nachzuweisen, und zwar aufgrund von Blutsanteilen der im Jahre 873 aus der Geschichte verschwundenen turktatarischen Awaren.
1937 wurde eine Volkserhebung zur rassischen Beurteilung der Sorben initiiert, d.h. jedeR EinwohnerIn der Ober- und Niederlausitz musste sich vermessen und untersuchen lassen.

Die drei Phasen nationalsozialistischer Verfolgung der Sorben zwischen 1933 und 1945.

Erste Phase ab Januar1933: offener Terror

Sorbische Vereine wurden verboten, wie der Bauernbund, oder zur Selbstauflösung gezwungen, der Turnverein Sokol, der Wendische Volksrat wurde darüber hinaus gezwungen die Verbindungen zum Verband nationaler Minderheiten in Genf einzustellen.
Die sorbische Tageszeitung „Serbske Nowiny“ wurde ebenfalls verboten und nach Umbesetzung der Redaktion nach einer Woche wiederzugelassen(-> Gleichschaltung). Andere sorbische Zeitungen und Zeitschriften wurden ganz verboten oder ebenfalls zur Gleichschaltung gezwungen.
Bei Personen des sorbischen Kulturlebens fanden Hausdurchsuchungen statt und einige wurden verhaftet. Außerdem kam es zu ersten Zwangsaussiedlungen von Lehrern und Geistlichen, also Personen, die kulturelles Leben vorangetrieben unterstützt, weitergegeben hatten bzw. weitergeben konnten. Veranstaltungen wurden überwacht. Die Domowina in ihren Tätigkeiten stark eingeschränkt.

Zweite Phase ab Juli 1933: Eindeutschungspolitik

Die Nationalsozialisten änderten ihre Taktik aufgrund massiver Proteste, Demonstrationen in der Tschechoslowakei und ein internationales Memorandum über die Lage der Sorben in Deutschland, verfasst von der Gesellschaft der Freunde der Lausitz in Prag und unterzeichnet auch von Schwestergesellschaften in Warschau, Posen, Belgrad, Zagreb und Paris und aus Rücksicht auf die im (slawischen) Ausland lebenden deutschen Minderheiten.
Sorbische Kultur und Sprache sollten ohne direkte Anwendung von Gewalt aus der Öffentlichkeit verdrängt werden. Der deutsche Charakter der Lausitz sollte hervorgehoben werden. Im Kindergarten und in der Schule wurde nur noch Deutsch gesprochen, deutsche Orts- und Flurnamen unterrichtet, sorbisch auch für die SchülerInnen in der Pause verboten. Ab 1936: Sorbisch sprechende LehrerInnen wurden umgesiedelt, und durch „deutschblütige“ ersetzt.
Das jährliches Spreewaldfest der Sorben wurde als ein „lebendiges, starkes Stück des großen deutschen Volkstums“ präsentiert und das sorbische Element geleugnet. Die sorbische Sprache wurde als deutscher Dialekt!!! Angesehen.
Verschärfung ab 1936:
Zeitungen sorbische und deutsche durften nicht mehr über sorbisches Leben berichten, Vorträge über sorbisches Brauchtum wurden verboten.
Begriffe wie „Wenden“ oder „wendisch“ sollten liquidiert werden. Ersetzung von „wendischer Bauer“ durch „Bauer aus der Nieder-/ Oberlausitz“. Offiziell hieß es nun die Wenden seien ein deutscher Volksstamm. Es gab ein Verbot der sorbischen Hymne und Flagge. Die Ortsnamen in der Ober- und Niederlausitz wurden durch deutsche oder deutsch klingende Bezeichnungen ersetzt. Beseitigung der sorbischen Schriftzeichen auf Firmenschildern und Grabstätten. Alles was in irgendeiner Form auf die Existenz der Sorben hindeutete sollte aus der Öffentlichkeit verschwinden. Die Reaktionen der Domowina waren Ortsgruppenorganisation, starke Beteiligung Einzelner, starke Mitgliederwerbung -> Bedeutung der Organisation wuchs an. Es entstand ein breiter Widerstand der sorbischen Bevölkerung. Sie wollten ihre nationale Identität bewahren. Die sorbische Kultur wurde zu einem stimulierenden Faktor im Kampf gegen die Eindeutschungspolitik. Sie stärkte das Selbstbewusstsein und vermittelte das Gefühl nationaler Würde.

Dritte Phase ab 1937: Terror mit dem Ziel der Vernichtung der Sorben

Am 18. März 1937: gänzliches Verbot der Domowina. Verbot, Schließung und/oder Beschlagnahmung aller anderen übrigen sorbischen Zeitungen, Vereine, Gesellschaften. Archive, Bibliotheken, Verlage, Druckereien, Buchhandlungen und des sorbischen Museums. Der Domowina Vorsitzende wurde sogar in ein Konzentrationslager gesperrt, wie auch andere Intellektuelle, politisch anders denkende (Kommunisten) und Führungspersonen (Pfarrer, Lehrer).
Himmler: zur „Behandlung der Fremdvölkischen im Osten“ im Mai 1940: Die Sorben und andere slawische Völker sollten als „führerloses Arbeitsvolk unter der strengen und gerechten Leitung des deutschen Volkes berufen sein, an dessen ewigen Kulturtaten und Bauwerken mitzuarbeiten“.
Der Schulbildung wurde massiv eingeschränkt: Rechnen bis 500. Schreiben des eigenen Namens. Kein Leseunterricht.
Es gab erneute Zwangsaussiedlungen und Verhaftungen von Pfarrern/Geistlichen, Lehrern, Vorsitzenden der Domowina, dem Zutritt zu seiner Heimat gänzlich verweigert wurde. Sorbische Intellektuelle mussten außerhalb der Lausitz Arbeitsdienste antreten als z.B. GärnterIn z.T. unter Polizeiaufsicht.
Weihnachten 1940 war in Nazikreisen davon die Rede, „daß die gesamte Wendei evakuiert wird.“ Die gesamte sorbische Bevölkerung der Lausitz sollte in andere deutsche Gebiete umgesiedelt werden. Die Wende im zweiten Weltkrieg, nach der Schlacht bei Stalingrad, ließ dieses Projekt in Hintergrund treten und blieb somit den Sorben erspart.

Sorbischer Widerstand im zweiten Weltkrieg:

Die Sorben hatten keine Untergrundorganisation oder vollbrachten spektakuläre Aktionen, sie protestierten durch kleiner aber durchaus wirkungsvolle Aktionen. Wie etwa die Hilfe für Kriegsgefangene und „Ostarbeiter“, die ja aus den slawischen Nachbarländern kamen. Sie unterstützen sie mit Lebensmitteln und Kleidung, verbreiteten Rundfunkmeldungen, aßen zusammen, unterstützen die Fluchtvorbereitungen und warnten vor bevorstehenden Kontrollen. Einige bezahlten den Widerstand gegen den Nationalsozialismus auch mit dem Leben.

Die Sorben heute:

Es leben ca. 50000 - 60000 Sorben in der Niederlausitz und in der Oberlausitz. Sie sind die zahlenmäßig stärkste Minderheit in Brandenburg. Die Sprache gliedert sich in die obersorbische Schriftsprache auf Grundlage des um Bautzen gesprochenen Dialektes, mit tschechischen verwandt, in Sachsen, sind katholisch und in niedersorbisch in der Niederlausitz auf Basis des Cottbusser Dialektes, mit polnischen verwandt, in Brandenburg, sind evangelisch. Im Grenzgebiet von Ober- und Niedersorbischen Gebiet ist Übergangsdialekt entstanden, der Elemente beider Sprachen vereint.
Nicht alle Sorben sind konfessionsgebunden
Es gibt verschiedene sorbische Vereine, z.B. den DOMOWINA- Bund Lausitzer Sorben e. V.
- 13.10.1912 als Dachverband sorbischer Vereine, in Hoyerswerda gegründet
- 1937 von Nationalsozialisten verboten, nach 2. Weltkrieg neu gegründet
- mit der Wende umstrukturiert und erneuert
Das Ziel der Domowina heute: „demokratische nationale Interessen aller Sorben/ Wenden im Freistatt Sachsen, im Land Brandenburg und außerhalb der Lausitz zu vertreten, die sorbische/ wendische Sprache und Kultur zu Pflegen und zu entwickeln“. Der Bundesvorstand der Domowina wird demokratisch gewählt und repräsentiert alle Schichten und Interessengruppen des sorbischen/ wendischen Volkes.
Er unterstützt verschiedene Projekte und besteht heute aus ca. 4000 Mitgliedern. Des Weiteren gibt es ein WITAJ- Sprachenzentrum, das für die Erhaltung der sorbischen Sprache sorgt. Das beginnt bereits in der Kindertagesstätte (1998 1. sorbische KITA).
Bei den Sorben gibt es verschiedene Sitten und Bräuche:
- vor allem an Feiertagen (Weihnachten, Ostern)
- Winter- u. Frühlingsbräuche wie die Vogelhochzeit, wendische Fastnacht (Zapust), Osterfeuer (reinigende Wirkung), Ostereierbemalen, Osterwasser und Hexenbrennen, Maibaumaufstellen und –werfen
- Erntebräuche wie Hahnrupfen, Hahnschlagen (Hahn Fruchtbarkeitssymbol), Stoppelreiten, Kranzstechen
Die Mädchen tragen dazu Trachten, tägliches Erscheinungsbild vor allem bei älteren Generationen (Frauen u. Mädchen), auch heute entstehen vielerorts Trachtenvereine  Trachten sind ein großer Identitätsfaktor.
Rechtliche Grundlagen für die Sorben bilden der Artikel 25 der Brandenburger Landesverfassung: Recht des sorbischen Volkes auf Schutz, Erhaltung und Pflege seiner nationalen Identität sowie seines angestammten Siedlungsgebietes, sowie das1994 beschlossene „Gesetz zur Ausgestaltung der Sorben/ Wenden im Land Brandenburg. Doch die Abbaggerung von Horno spricht dagegen, seit ´99 wurden 60 Dörfer zerstört und die Menschen von dort zwangsumgesiedelt in Neubaugebiete.

Literaturliste:

Kurze Geschichte der Sorben, Peter Kunze, Domowina- Verlag 1995

Die katholische Kirche und die Sorben 1919-1990, Thomas Kowalczyk, Domowina- Verlag 1999

Durch die Jahrhunderte, Peter Kunze, VEB Domowina- Verlag 1979

Protokolle: Die Sorben/Wenden in Deutschland und nationale Minderheiten in Europa, Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung, Brandenburgische Universitätsdruckerei und Verlagsgesellschaft Potsdam mbH 2000

Sorten Serbja Ein kleines Lexikon, Herausgeber Manfred Thiemann, VEB Domowina- Verlag 1989

Wer mehr über die Sorben erfahren möchte, kann dies unter www.ski-berlin.de tun.
Das ist der Auszug aus einem Referat über die Sorben. Gehalten im November 2004.