Ökonomie

Die Ökonomie wird ja normalerweise gern als der Ausgangspunkt jeden gesellschaftlichen Seins bezeichnet. Im Fall Brandenburgs tun sich da dann allerdings perspektivisch einige Fragen auf. Die Landesregierung versucht munter mit dem Verschenken von Subventionsmillionen Großprojekte einzukaufen – nachdem zuvor eine komplette industrielle Infrastruktur der westdeutschen Konkurrenz übergeben und von dieser dann aufgelöst worden ist. Doch an der Situation hat sich nichts geändert: Industriestandorte sind bis auf wenige Ausnahmen verschwunden und dort, wo es sie noch gibt, sind sie – wie im Fall der Raffinerie von Schwedt oder des Stahlwerks Eisenhüttenstadt – grundlegend rationalisiert worden. Mittelstand, Kleinhandel, öffentliche Einrichtungen und Dienstleistungen fehlen das ökonomische Rückgrat.

Die Abwanderung der Bevölkerung aus Brandenburg, der Verlust von kultureller und sozialer Infrastruktur hat genau damit zu tun. Es gibt hier – unter den herrschenden Bedingungen – einfach keine Möglichkeiten, um zu überleben.

Das erste Kernkraftwerk Deutschlands - Kernenergie für den Frieden

KernKraftWerk Rheinsberg

Mitte Juni 2004,
8.30 KKW Rheinsberg, Eingangstor.
Sechs Enthusiasten standen um 6.00 früh auf, um pünktlich eine Führung durchs KKW Rheinsberg zu beginnen.

Helmut Gruhle, Ingenieur des KKWs seit 1969, führt uns in die Geheimnisse des Druckwasserreaktors ein. Das KKW war eine gemeinsame Projektierung der DDR und der Sowjetunion.
Beginn der Bauzeit: 1957
Eingeweiht: 1966
Stillgelegt: 1990
70% der Technik stammten aus der DDR, 70 Megawatt Leistung,
zu DDR-Zeiten über 600 Beschäftigte, heute noch 200 Leute die mit dem Rückbau des Werkes beschäftigt sind.
Damit der größte Arbeitgeber der Region (ein Abrissunternehmen?!)
Und das noch bis 2011. Dann soll das KKW vollständig zurückgebaut sein.

Zwischenrechnung:
Aufbau und Projektierung: 9 Jahre
Laufzeit: 24 Jahre
Abriss: 17 Jahre

Rheinsberg war ein Lehr- und Versuchskraftwerk, mit „heißer Zelle“, laut Herrn Gruhle ungewöhnlich, aber nicht gefährlich. Hier wurde nie wirtschaftlich produziert. Mehrfach betont er die Sicherheit der DDR-Kraftwerke, ein Tschernobyl wäre niemals möglich gewesen, vor allem auch, weil das Rheinsberger Personal so extrem gut geschult war. Denn mit Kompetenz können Mängel ausgeglichen werden.

Dann stellen wir noch ein paar kompetente Fragen und gehen ins Kraftwerk.
Eine authentische Ost-Eingangshalle heißt uns willkommen. 70er Jahre Kachelstil.
Design Treppe. Dann beginnt de spannende Teil. Wir werden durch eine massive Gittertür gelassen, danach müssen Männer und Frauen getrennt in Umkleidekabinen.
„Sie müssen sich ausziehen“, "Wie?“, „Na alles aus“, „??“.
Wir bekommen formschöne Werksunterwäsche, orange Werkssocken, Overalls und weiße Hand- und Gummischuhe.

Durch eine Einpersonenschleuse geht’s ins wirklich Innere des Kraftwerkes.

Enge Gänge, Kabel und Rohre, hier kann niemand den Überblick haben. Herr Gruhle erläutert begeistert den Aufbau des Kraftwerkes und seine Besonderheiten gegenüber den neueren Modellen. Rheinsberg war das erste Kraftwerk, an allen späteren wurden die hier gewonnen Erkenntnisse umgesetzt. Das in Greifswald mit 4 Blöcken ging in den 70ern ans Netz und in 4 weitere waren im Bau oder in der Projektierung. In Stendal wurde an einem dritten Kraftwerk gebaut.
Das Rheinsberger Kraftwerk ist durchgehend in typischen Ostfarben gehalten, ein undefinierbares Grün und kantinengelb.
Dunkel und staubig. Wir gehen in den Reaktorraum. Da wird festgestellt, dass zwei Leute keine Dosimeter bekommen haben. Ratlosigkeit: „Da hätte der Strahlenschutz doch aufpassen müssen“ „Und nun?“ „Sie bleiben einfach dicht bei den anderen, dann können sie ja die Dosis wie bei den andern ablesen.“
Wir fühlen uns unwohl, aber weiter geht’s. Die Bedienung für die „Katze“ wird erläutert. Wir können von oben in den ehemaligen Reaktor sehen. Die letzten Brennstäbe wurden 2001 abtransportiert. Da waren wir auch dabei.
Herr Gruhle erklärt. Den Reaktor, die Dampftauscher, die Nadelrohre, erster und zweiter Kreislauf.
Beklemmend enge Gänge und dann stehen wir unterm Reaktor und dürfen ihn sogar anfassen. Nächste Woche kommt der Minister, und wir dürfen vorher rein. Der Rückbau wird auch bei oberster Stelle verfolgt. Wir sind versucht “Trittin ist doof“ an die Wand zu schreiben. Aber: wir mussten ja beim Eintritt alles abgeben. Schade.

Irgendwann sind wir aus den Tiefen des Werkes auch wieder oben. Um rauszukommen müssen wir nackt durch eine Kabine. „Näher an die Wand, umdrehen, 10,9,8 ... 3,2,1...nicht kontaminiert.“ Glück gehabt. Bei Kontamination muss man kalt duschen. Denn Unterschied zwischen Kontaminierung und Aktivierung hat Herr Gruhle eingehend erklärt. Die Unterwäsche dürfen wir nicht behalten.

Dann noch einen Rundgang ums Werk. Der Betriebsbahnhof wird nicht mehr gebraucht. Früher fuhren alle Arbeiter aus Rheinsberg mit dem Zug. Heute stehen die Autos von 200 Mitarbeitern auf dem Parkplatz vor dem Werk.
Die Zäune und Mauern wurden fast alle schon abgetragen. Aber man kann noch sehen, wo die Wache Streife lief.

Unser Rundgang ist zu Ende. 3 _ Stunden sind vorbei. Wir sind froh, dass dieses Monument fortschrittlicher DDR Technik fast verschwunden ist. Na ja, nicht alle von uns.

KKW Rheinsberg
Besichtigungen telefonisch erfrag- und buchbar unter: 033931-570, Herr Gruhle, Öffentlichkeitsarbeit

Offizielle Anschrift:
Energiewerke Nord GmbH
Betriebsteil Kernkraftwerk Rheinsberg
Am Nehmitzsee 1
16831 Rheinsberg

Warum leben die Brandenburger eigentlich nicht in Zelten?

Bauen in Brandenburg

Ok, die wenigsten von uns haben schon mal irgendwas gebaut. Immobilien. Und noch weniger haben schon mal einen Bauantrag gestellt. Ich weiß jetzt auch wieso...
Deshalb hier kurz die Erfahrungen mit der unteren Baubehörde eines Landkreises irgendwo im schönen Brandenburg.
Ich will für ein Bauvorhaben eine Bauvoranfrage stellen und bilde mir ein, das die Baubehörde mir vielleicht den einen oder anderen Tipp geben könnte, wie das am ehesten möglich wäre. Bürgerfreundliche Zusammenarbeit.

Telefonat 1:
„ Hallo, ....., ich habe ein Frage. Ich habe da ein Bauvorhaben im Außenbereich vor. Könnte ich einen Termin bei ihnen machen, damit wir mal absprechen, wie das eventuell gehen könnte?!“
-Stille-
„Hallo?“
„Jaaaa?“
Frau spricht laaaangsaaaam... mit vielen Pausen -
„Daaaas iiiiist ganz schwiiiieriiiiig.“ - Stille-
„Ja, könnte ich mal vorbeikommen, dass sie mir erklären, was ich da beachten muss?“
-Stille-
„Hallo, sind sie noch da? Das wäre sehr hilfreich, ich hab ja sowas noch nie gemacht.“
-Stille-
„Naaaa, ..... Sie können ja kommen,..... aaaabeeeer ..“

Gespräch im Bauamt:
(Mir gegenüber die langsame sprechende Frau in einem rosa Häkelpulli)

„Hallo, sehen Sie mal, Ich möchte hier (zeige mitgebrachte Pläne) das ( zeige mitgebrachte Bauzeichnungen) bauen. Können sie mir sagen, welchen Gesetzlichen Grundlagen ich da beachten müsste? Ist ja im Außenbereich da ist das ja schwieriger. Geht das denn überhaupt? Ich will gerne eine Bauvoranfrage stellen, aber sowas habe ich ja noch nie gemacht, vielleicht können sie mir da irgendwie helfen?“
„Hmmm“
„Ja, wie könnte das denn gehen, dass ich da eine Bauerlaubnis bekomme?“
„Hmmmmm...“
„Was müsste ich denn da bei der Antragstellung beachten?“
„Hmmm... das kann ich ihnen ja nicht sagen, ob das geht... da muss ich ja die Fachämter fragen.“
„Ja, ich hätte ja nur gern eine Information, ob es gehen könnte, oder ob das so von vornherein nicht möglich ist.“
„Ich kaaan Ihnen daaaaas nicht sagen, ..... da müssen ja die Fachämter gefragt werden....“
„Aber sie werden doch eine Einschätzung geben können, oder eine Idee haben, was am wahrscheinlichsten gehen könnte?“
„Neeee, das müssen die Faaaachääääämter sagen.“
„Ich kann also kein Einschätzung bekommen, ob das Bauvorhaben von vornherein abgelehnt wird oder nicht?“
„ Neeee, daaa müssen sie eine Bauvoranfrage stellen..und dann melden sich da die Fachämter.“
„Ja, will ich ja, können Sie einschätzen, ob das so was wird?
„ Da müssen sie eine Bauvoranfrage stellen“
- Ich werde langsam entnervt -
„Was muss ich denn da beachten?
„ Daaas kann ich ihnen aaaauch nicht sagen. ..... Steht alles im BauGB §35 (1) ..... und (2).“
„Aber als landwirtschaftlicher Betrieb bin ich doch privilegiert, oder? Könnte das meinen Bauantrag vereinfachen?“
„ Daaaas kann ich Ihnen nicht sagen, ...... daaaa muss ich die Fachämter fragen...“

Hier kürze ich. Ich stellte die Frage noch in verschiedenen Variationen. Keine Antwort. Länger wurde beim Thema verweilt, was ein landwirtschaftlicher Betrieb ist und ob ich denn einer wäre, weil ich dann ja ein privilegiertes Bauvorhaben wäre. Auch hier keine Antwort. Das Gespräch dauerte eine Dreiviertelstunde. Es gab keine andere Information, als das sie nichts sagen könnte, denn Sie müssen erst die Fachämter fragen. Also weder einen Tipp, noch irgendeine Hilfestellung.

„Im Auuuußenbereich ist das ja sowieso schwierig...... Da müssen sie einen Architekten fragen.“
„ Aber eine Voranfrage kann ich doch ohne Architekten stellen?“
„Jaaaa, neeee, das ist für Sie viiiiel zu kompliziert....“
( Äääh?)
„Aber jeder sollte doch einen solchen Antrag stellen können?“
„Neeee, .... das können sie gar nicht...“

-Ich will in Ihren Schreibtisch beißen. -

„Sie können mir also nicht helfen, keine Prognose und keinen Tipp geben?“
„Neee, ... Sie müssen da einen Architekten eine Bauvoranfrage stellen lassen.“

„Auf Wiedersehen....“

Zwei Tage später... Ich habe die Bauvoranfrage fertig geschrieben. (Allein!!) Nun taucht noch eine Frage auf.

Telefonat 2:
Montag vormittag:
„Hallo – Untere Baubehörde- kicher-“
(Neue Frau, spricht schneller)
„Hallo, ich habe da eine Frage. Ich bin als e.V. doch von den Gebühren bei der Antragstellung befreit. Muss ich dafür einen Antrag schreiben oder machen sie dass automatisch, wenn der Bauherr ein e.V. ist?“
Stille -
„Hallo, ...(ich wiederhole mein Frage)...?
Stille -
„Kicher...“
„Ja, Gebühren, äääh, das weiß ich jetzt auch nicht... kicher...“
„ Na, gibt es da ein Formular, oder soll ich das einfach dazu schreiben?“
- Stille -
„Kicher, .... Nee, da gibt's nichts.. glaube ich... -kicher-“
„ Soll ich da ein extra Schreiben fertig machen?“
- Stille -
„Hallo? Sind Sie noch da?“
„ Jahaa, (lacht)... jaahha, schreiben sie mal drauf..“
- Ich bin mir jetzt sicher, dass die Frau betrunken ist, traue mich aber nicht direkt zu fragen.-
„ Ok, auf Wiedersehen.“
„Jaaahaaa, ... kicher... auf Wiedersehen.... kicher...“

To be continued.....

Nach diesen Gesprächen ist es mir ein Rätsel, dass in Brandenburg überhaupt gebaut wird... Bei solchen Sachbearbeitern frage ich mich wirklich, was die dort machen.
Außer keine Auskünfte geben können...

Ich stell dann mal mein Zelt auf.... Das geht ohne Genehmigung.